am 10.7.2013 hat der verantwortliche Gesundheitsausschuss des europäischen Parlaments eine Verschärfung des von der Kommission vorgelegten Vorschlags zur Tabakproduktrichtlinie noch weiter verschärft und beschlossen. In den Augen mancher Parlamentarier ist dies ein Meilenstein in der Gesundheitspolitik, andere schütteln zurecht den Kopf. In Zukunft sollen zum Beispiel Horrorbildchen von durch Tabakkonsum bedingten Erkrankungen auf die Packung, schön groß und zur Erbauung des Rauchers, auf dass er sich der schädlichen Folgen seines Tuns bewusst sein soll. Die Tabakindustrie wird sicher schon ihre Designer damit beschäftigen, hübsche, individuell gestaltete Umverpackungen zu schaffen.
Auch ein Verbot von Zusatzstoffen ist vorgesehen - wer sich allerdings den neuen Trend unter Rauchern anschaut, der weiß: "Bio" ist in, Raucher wollen mittlerweile immer mehr naturbelassenen Tabak. Das Mentholverbot lässt sich mit ein bisschen Pfefferminzöl aufs Zigarettenpapier gestrichen ohnehin leicht umgehen.
Zur Posse wird diese Richtlinie aber erst, weil der Gesundheitsausschuss die E-Zigarette in einer Tabakproduktrichtlinie zum Arzneimittel machen will. Der Verbraucher ist zu recht erstaunt, ein Produkt, welches mit Tabak nur den Inhaltsstoff Nikotin gemeinsam hat soll als Arzneimittel behandelt werden - nach Lesart des Ausschusses gewöhnt man sich also das Rauchen mit dem Inhaltsstoff ab, wegen dem man ursprünglich raucht - in etwa also das gleiche, wie wenn man sich Whiskeytrinken durch Biertrinken abgewöhnen könnte.
Die Lippenbekenntnisse etlicher Abgeordneter - man solle sich die Chance nicht entgehen lassen, ein weitaus ungefährlicheres Produkt am Markt zu etablieren - werden im Anschluss durch die eigenen Handlungen Lügen gestraft. Der CDU-Politiker Karl-Heinz Florenz gefällt sich in der BILD-Zeitung, man habe es "mit einer tickenden Zeitbombe zu tun" und unterstellt den E-Dampfern Drogenkonsum, schließlich finden sich im Internet Anleitungen, wie man beispielsweise mit E-Zigaretten verdampfbares Haschisch herstellen kann.
Eine der beratenden Expertinnen bei der Erstellung der Tabakproduktrichtlinien, Dr. Martina Pötschke-Langer von der WHO-Kollaborationsstelle Tabakkontrolle, triumphiert regelrecht in medialer Präsenz und legte jüngst ein Papier vor, welches ohne irgendeinen wissenschaftlichen Beleg die E-Zigarette als gefährliches Produkt vorführt.
Die zahlreichen Einwände von Wissenschaftlern die sich schon länger mit dem Thema E-Zigarette objektiv und ohne Ideologie befassen werden hingegen ignoriert. Diese Forscher bescheinigen der E-Zigarette das hohe Potential, für Millionen von Tabakrauchern eine dauerhafte Alternative zum Tabakkonsum darzustellen. Jüngere Erkenntnisse weisen außerdem darauf hin, dass Nikotingenuss ohne Tabakrauch weitgehend unschädlich ist - wie sonst sollte es der Pharmaindustrie sonst gelungen sein, Nikotinpflaster frei verkäuflich auf den Markt zu bringen. In dieser Branche wittert man jetzt Morgenluft, nachdem immer mehr Raucher auf die E-Zigarette umsteigen bleibt die Kundschaft für die eigenen Nikotinersatzprodukte - unpassenderweise auch gerne als Rauchentwöhnungsprodukte bezeichnet - weg.
Ein Segen also für die Pharmaindustrie, wenn die E-Zigarette ein Arzneimittel würde.
Der Zeitpunkt der Abstimmung im Gesundheitsausschuss wurde von den Gegnern der E-Zigarette geschickt gewählt. Knapp vor der Sommerpause wurden in einer chaotischen Abstimmung akrobatisch zusammengestellte Änderungsanträge abgestimmt.
Auf Anfragen wie denn der abgestimmte Text jetzt lautet, wird man seit Tagen vom Ausschussvorsitzenden vertröstet, dass müsse erst juristisch geprüft und übersetzt werden, erst dann seien überhaupt verlässliche Angaben über den genauen Wortlaut des Textes möglich.
Das Gesamtwerk soll dann eine Woche nach Ende der Sommerpause schnell dem Rat und Parlament vorgelegt werden. Das verkürzt den Zeitraum der Meinungsbildung unter den Parlamentariern sehr, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass dann auch wie vorgelegt abgestimmt wird.
Der Rechtsausschuss der EU hat sich gegen eine Einstufung der E-Zigarette sowohl in der Tabak- wie auch in der Arzneimittelrichtlinie ausgesprochen. Man ist dort der Ansicht, dass eine restriktivere Behandlung eines deutlich weniger schädlichen Produkts im Vergleich zum Tabak rechtlich nicht von Bestand sein wird. Das sehen die Verbraucher auch so. In der gut organisierten Dampfergemeinde rüstet man sich bereits zu Klagen, sollten Rat und Parlament der Vorlage des Gesundheitsausschusses zustimmen.