Petition – Abgesang

Am 18. Mai 2017 ist heimlich, still und leise der letzte Vorhang für die Bundestagspetition 61453 gefallen, bei der es uns Dampfern gelungen ist, das von den Regeln geforderte Quorum (mindestens 50.000 Unterstützer in 4 Wochen) nicht nur zu erreichen, sondern deutlich zu überschreiten.  Zur Erinnerung hier eine kurze Chronologie der Ereignisse:

Mehr als ein Jahr nach der Anhörung ist der Bundestag jetzt nebenbei der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses gefolgt, die Petition ohne weiteren Handlungsbedarf abzuschließen. Die meisten Abgeordneten dürften nicht mal mitbekommen haben, was sie da abnicken, da dies nur ein winziger Punkt unter vielen war und hinter einer nichtssagenden Beschreibung in einer Zusammenfassung versteckt wurde.

[PDF: https://drive.google.com/open?id=0B7MIl-rdT-LsZTJRdkU4SXRpbmc ]

Quelle: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/121/1812117.pdf

Wer die Petition vergeblich sucht: Sie verbirgt sich hinter “Beschlussempfehlung 4”.

Nun bekamen offenbar alle, die eine der Petitionen eingereicht hatten, welche unter der Leitpetition zusammengefasst wurden, einen Brief per Schneckenpost, der uns über den Abschluss unterrichtet hat. In der Anlage war ein Auszug des Protokolls mit der Begründung für die Beschlussempfehlung.

[PDF: https://drive.google.com/open?id=0B7MIl-rdT-LsQ1lPVlNTaXdfZWM ]

Wie man an den Seitennummern (ab 101) sehen kann, ist unsere Petition nur ein kleiner Punkt unter vielen, die hier in einem Aufwasch abgefertigt werden.

Im Petitionsforum findet man die Begründung inzwischen unter:
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2015/_10/_07/Petition_61453.abschlussbegruendungpdf.pdf

Die einzig neue Information darin ist, dass insgesamt 110 weitere Petitionen hinter der “Leitpetition” verborgen wurden.

“Weiterhin hat der Petitionsausschuss 110 Petitionen mit einem vergleichbaren Anliegen erhalten, die aus Gründen des Sachzusammenhanges mit der vorliegenden Petition gemeinsam behandelt werden. Es wird um Verständnis dafür gebeten, falls nicht alle vorgetragenen Gesichtspunkte dargestellt werden.”

Der Rest des Texts ist eine Sammlung der altbekannten leeren Worthülsen, mit denen die Öffentlichkeit seit 2012 ad infinitum bombardiert wurde. Die Anhörung wird zwar erwähnt, aber nur mit einem mageren Satz:

“Weiterhin hat der Petitionsausschuss eine öffentliche Beratung durchgeführt, in der die Petition erörtert wurde und eine Vertreterin der Bundesregierung zu Fragen Stellung genommen hat.”

 

Das war’s.

  • Kein Wort über die mangelnde Vorbereitung der Regierungsvertreterin, die nicht einmal den betreffenden Gesetzentwurf ihres Ministeriums zur Hand hatte und sich mit dessen Feinheiten auch ganz offensichtlich nicht auskannte.
  • Kein Wort zu den Punkten, die unser Vertreter bei der Anhörung vorgebracht hat.
  • Kein Wort zu den Beiträgen im Diskussionsforum zur Petition, die angeblich als wichtiger Bestandteil der Entscheidungsfindung dienen.
  • Kein Wort zu dem Buch (Hieb- und stichfest), das wir allen Abgeordneten zur differenzierteren Bewertung unseres Anliegens geschickt hatten. Es enthält unter anderem etliche ausgewählte Forenbeiträge.

 

Stattdessen berufen sich die Autoren der Begründung wie immer exklusiv auf die Aussagen von BfR und dkfz, die gerade in dem Forum heftigst, gut begründet und unübersehbar kritisiert wurden.

Niemand konnte ernsthaft erwarten, dass wir mit dieser Petition das Ruder der Titanic TPD noch hätten herumreißen können. Aber dass die kritischen Meinungen der dampfenden Bürger so komplett ignoriert werden, ist wirklich erschreckend. Wen wundert da noch die Politikerverdrossenheit?

In diesem Licht betrachtet, erscheint es fast schon zynisch, wenn die “Experten” im Bundestag jetzt über die sinkende Bereitschaft der Bürger lamentieren, bei dieser Scharade mitzuspielen:

http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw22-pa-petitionen/508176

Statt nur auf die unzähligen, erfolgreichen privaten Petitionsplattformen zu schauen, sollten sie sich lieber mit dem grundlegenden Verbesserungsbedarf beschäftigen, den die öffentlichen Bundestagspetitionen aufweisen. Zum Beispiel:

  • Veröffentlichung auch derjenigen (öffentlichen) Petitionen, die unter einer “Leitpetition” zusammengefasst wurden - mit eigenen Unterforen.
  • Reaktionen auf die Beiträge im Diskussionsforum, die zeigen, dass sich zumindest mal ein einziger Abgeordneter mit dem Anliegen der Bürger beschäftigt hat. Es wäre natürlich besonders hilfreich - und für viele Bürger attraktiv -, wenn es zur Laufzeit eine echte Diskussion mit Abgeordneten im Forum gäbe.
  • E-Mail, nicht nur Schneckenpost - die Nachrichten über die Zusammenlegung der Petitionen kamen zum Beispiel erst eine Woche nach Beginn der Zeichnungsfrist an.

Die öffentliche Bundestagspetition könnte ein probates Mittel zur Bürgerbeteiligung sein. Leider hat man als engagierter Bürger in Fällen wie diesem eher den Eindruck, dass sie für viele Politiker und Beamte eher eine praktische Möglichkeit darstellen, lästige Störenfriede wie uns abzulenken und zu beschäftigen.

Nach den ganzen bisherigen Erfahrungen mit Politik und Medien war dieses Ergebnis nicht unerwartet. Immerhin haben wir erreicht, dass wir jetzt als eine Gemeinschaft wahrgenommen werden, die man nicht mehr so einfach ignorieren kann. Zumindest müssen wir Verbraucher nun nicht mehr den aktuellen Informationen nachjagen. Die IG-ED wurde im Anschluss an die Anhörung in den Verteiler des BMEL und anderer Institutionen aufgenommen und erhält nun dieselben Informationen und Einladungen zu Hearings und Beratungen wie Handel und Industrie.

 

Wer kämpft kann verlieren.

Wer nicht kämpft hat schon verloren.

 

Wir kämpfen weiter.

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