Offener Brief an die Stabsstelle Krebsprävention / das WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle

Im Juni 2014 veröffentlicht die Stabsstelle Krebsprävention/das WHO-Kollaborationszentrum zur Tabakkontrolle folgende Stellungnahme zur tabaklosen E-Zigarette:

http://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/
Stellungnahmen/DKFZ_Stellungnahme_E-Zigarette_2014.pdf

Die IG-ED e.V. antwortet mit folgendem offenen Brief:
Sehr geehrte Damen und Herren,
durch häufigere schriftliche und persönliche Kontakte ist Ihnen die Interessengemeinschaft E-Dampfen e.V. sicher noch in Erinnerung.
Mit Interesse haben wir ihre jüngste Stellungnahme zur E-Zigarette gelesen und möchten dazu einige Punkte anmerken.
Um es vorweg zu sagen: durch die häufige Verwendung der Worte "könnte", "fürchten" und "möglicherweise" scheinen die Erkenntnisse Ihrer Einrichtung ein gewisses wissenschaftliches Plausibilitätsdefizit aufzuweisen. Deswegen möchten wir die uns zweifelhaft erscheinenden Aussagen im folgenden gerne Punkt für Punkt abarbeiten.

In der Präambel sprechen Sie ein gesellschaftliches Problem an, das sich immer wieder jeder Kontrolle entziehen wird. Genussmenschen werden immer wieder Substanzen finden, die ihnen im günstigen Fall zur Entspannung verhelfen, im ungünstigen Fall zum Rausch, der allerdings durch den Konsum puren Nikotins eher unwahrscheinlich ist. Diese Verhaltensmuster sind so alt wie die Menschheit selbst, und daran wird mutmaßlich weder Ihre Einrichtung noch die Tabakproduktrichtlinie und am allerwenigsten eine breit angelegte Medienkampagne etwas ändern. Die Experimentierfreude Jugendlicher wird sich auch nicht bremsen lassen, dies ist ein Privileg der Jugend.

In Punkt eins sprechen Sie die gesundheitliche Bedenklichkeit der e-Zigarette an. Gleichzeitig bescheinigen Sie einem der Hauptinhaltsstoffe Unbedenklichkeit im oralen Gebrauch. Gestatten Sie uns die Frage: Wenn denn Propylenglycol im oralen Gebrauch ungefährlich ist, wie ist es dann möglich, dass auch zahlreiche Inhalations-Produkte im Hygiene- und Medizinmarkt erhältlich sind, die ein Stoffgemisch mit Propylenglycol enthalten, weil es als ungefährlich erachtet wird? Oder könnte es sein, dass zahlreiche dieser Gemische bisher nie auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit überprüft wurden?
Der Beweis, dass Nikotin süchtig macht, ist noch nicht schlüssig erbracht - genausowenig wie der, dass Nikotin tumorenfördernd und karzinogen ist. Hier wird wieder der altbekannte Wissenschaftlersport "cherrypicking" betrieben. Mittlerweile existieren über 350 Studien und Untersuchungen zum Thema.

Aromen könnten Kontaktallergene enthalten. Das kann aber bei passender Disposition genau so gut mit Erdnüssen, Tomaten und Kontaktlinsen passieren.
Die meisten Nutzer der tabaklosen E-Zigarette reagieren allerdings mit sich besserndem Gesundheitszustand sehr schnell auf im Einzelfall unverträgliche Aromen und meiden diese.

Kanzerogene sind in vielen Lebens- und Genußmitteln enthalten, vom Grillsteak bis zum Toastbrot. Nichtsdestotrotz liegt hier ein gewisses Potenzial seitens Ihrer Einrichtung, bestimmte einzelne Stoffe näher zu untersuchen und Konsumenten sowie Hersteller über Ihre Ergebnisse zu unterrichten.

Zu Punkt zwei schreiben Sie, dass eine Langzeitgefährdung durch tabaklose E-Zigaretten nicht ausgeschlossen werden kann. Alle verwendeten Produkte sind im europäischen Raum zugelassen, teilweise auch zur Inhalation. Demnach existieren doch offensichtlich Daten über deren Langzeitverwendung, die keine Gefährdung am Menschen aufzeigen, nur eben nicht so wie E-Dampfer diese Stoffe verwenden. An dieser Stelle sind wir enttäuscht. Die IG-ED hat mehrfach - auch Ihrem Haus - angeboten, langjährige Dampfer zu untersuchen. Bisher ist dies nicht geschehen - es wird allerdings hartnäckig behauptet, dass keine Studien existieren. Wer, wenn nicht eine öffentliche Stelle der WHO, soll denn da der Vorreiter sein? Oder würde sich durch eine wissenschaftlich fundierte Herangehensweise einen Interessenkonflikt mit Ihrem Arbeitgeber auslösen?

In Punkt drei wird bemängelt, dass das Dampfen das Rauchritual aufrechterhält. Das ist nur gut so, der umsteigewillige Raucher vermisst auf diese Weise nichts; er erfährt eine neue, viel interessantere Haptik und kann weiter auf wesentlich weniger gesundheitsschädlichem Weg seiner liebgewonnenen Gewohnheit nachgehen. Die meisten Suchtexperten mit Hintergrund in der Verhaltensforschung finden grade das im Zuge der "harm reduction" sehr vorteilhaft.

Punkt vier erscheint uns wie ein händeringender Versuch, Kinder für die Ziele der Tabakkontrolle zu instrumentalisieren. Natürlich sind auch wir für Jugendschutz; allerdings, mit Blick auf die Präambel, schätzen wir weder Sie noch ihre politischen Weggefährten, allen voran Herrn Karl-Heinz Florenz (MEP), als so naiv ein, dass Sie nicht wüssten, mit was Kinder und Jugendliche so alles experimentieren. Verbietet man die E-Shishas und tabaklosen E-Zigaretten, wird entweder der große Kumpel einkaufen - oder sie rauchen einfach Zigaretten! Hier hilft wohl am besten sachliche Aufklärung - und nicht Bevormundung!

Zu Punkt fünf:
Ja, E-Zigaretten senken das gesundheitliche Risiko, unbestritten. Und wenn jetzt doch ein Nichtraucher das Dampfen anfängt, wird er sich damit höchstwahrscheinlich nicht umbringen. Allerdings verspüren die wenigsten Nichtraucher den Wunsch nach einer E-Zigarette, und selbst wenn, es soll auch Teetrinker geben, die gelegentlich einen Espresso trinken. Wer weiß, ob das noch lange gut geht, wenn die WHO davon erfährt.

Zu Punkt sechs:
Gibt es denn ein anerkanntes Mittel zum Rauchstopp? In Ihrem Haus ist sicher bekannt, dass die Rückfallquoten bei den bisher bekannten NRT bei bis zu 97% liegen. Folglich kann hier nicht von einem Erfolg der Pharmaprodukte gesprochen werden. Im Gegenteil sind die Nebenwirkungen teils so gravierend, daß in den USA zahlreiche Prozesse anhängig sind. Aus der momentanen Warte mag es zwar widersprüchliche Erkenntnisse zum Erfolg der E-Zigarette als Rauchentwöhnungsmittel geben, aber die vorliegenden Zahlen sprechen bei genauer Betrachtung für dieses Produkt. Andernfalls müsste die Pharmaindustrie ja auch nicht um ihre Pfründe in diesem Marktsegement bangen.

Ihre Einlassungen in Punkt sieben sind leider regelrecht sarkastisch: Wenn ein Raucher beispielsweise 40 Jahre geraucht hat, mag natürlich die Disposition zu einer schweren, tabakkonsumbedingten Erkrankung vorliegen. Ist es daher aus Ihrer Sicht sinnvoll, von der Nutzung der E-Zigarette abzuraten? Sollte er tatsächlich beispielsweise Champix mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 3%-5% und gefährlichen Nebenwirkungen wie Depressionen, Suizidgefährdung und (auto)aggressivem Verhalten als Weg aus der Tabaksucht anwenden oder könnte es nicht doch sinnvoller sein, eine E-Zigarette zu nutzen, mit den lebensqualitätserhaltenden Vorteilen wie zu Punkt drei beschrieben? Die gesundheitlichen Vorteile für weniger langjährige Raucher bleiben dabei völlig unerwähnt.

Zu Punkt acht:
Wie man an der Werbung eines gewissen Süßwarenherstellers erkennen kann, neigen auch Erwachsene zum Konsum von Süßigkeiten ("Und Erwachsene ebenso"). Dies war über Jahrzehnte auch live bei einer großen deutschen Fernsehshow zu verfolgen. Umfragen und Erhebungen weisen nach, dass erwachsene E-Zigarettennutzer zu über 70% Aromen bevorzugen, die nicht nach Tabak schmecken (man beachte: hier ist nicht die Rede von Geschmack nach Tabakrauch, dieser ist nicht verfügbar! Liquid ohne Aroma schmeckt süßlich herb und nach fast nichts!). Natürlich befürworten wir, Werbung und Marketing auf erwachsene Konsumenten zu begrenzen. Fragwürdig finden wir jedoch Ihre Argumentation mittels Verweis auf Medienberichte, die bekanntlich aus Ihrem Hause gestreut und forciert wurden. Jegliche seriösen wissenschaftlichen Untersuchungen, die derzeit verfügbar sind, widersprechen der Gateway-Hypothese.

Zu Punkt neun:
Tabaklose E-Zigaretten geben keine der von Ihnen genannten Bestandteile an die Raumluft ab! Im Gegensatz zu Tabakzigaretten entsteht bei tabaklosen E-Zigaretten kein Nebenstromrauch (in diesem Fall "Nebenstromdampf" - wenn es ihn gäbe).

Zu Punkt zehn:
Die WHO hat sich das hehre Ziel gesetzt, bis 2035 den Tabakkonsum auf der ganzen Welt zu eliminieren. Obwohl hierzu von vielen Seiten zur Unterstützung alle lauteren und unlauteren Register gezogen werden, ist bereits jetzt klar, dass dieses Ziel absolut illusorisch ist. Es sei denn, man sähe die tabaklose E-Zigarette als ein weiteres Mittel zur Erfüllung dieses Zieles an. Wenn die Nutzung der tabaklosen E-Zigarette auch von Ihrer Seite gefördert würde, bestünde die Möglichkeit, das Ziel sogar schneller als in 20 Jahren zu erreichen. Hierzu scheint jedoch eine Überregulierung wie sie von Ihrer Seite propagiert wird, völlig kontraproduktiv! Auch die bisher vorgesehene EU-Regulierung dient lediglich der Sicherung von Pharma- und Tabakpfründen und nicht im geringsten dem Verbraucher und seiner Sicherheit.

Wir hoffen darauf, dass Sie bereit und in der Lage sein werden, sich unbefangen auf unsere Argumente einzulassen und unter den von uns angeführten Aspekten Ihre Position noch einmal gründlich zu überdenken.

Gern werden wir mit Ihnen zusammen am Ziel einer tabakfreien Welt arbeiten - allerdings nur, wenn die Auseinandersetzung mit der tabaklosen e-Zigarette zukünftig mit Vernunft und wissenschaftlich haltbaren Belegen weitergeführt wird.

11 Gedanken zu „Offener Brief an die Stabsstelle Krebsprävention / das WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle

  1. Super, sehr guter Brief mit sehr guter Argumentation.
    Leider scheint sich aber die WHO und ihr dt. Handlanger DKFZ sich für Logik und Menschenverstand zu verschliessen.
    Nichts desto trotz ist es richtig sie immer wieder mit ihren Lügen und Falschbehauptungen zu konfrontieren!

    Vielen Danke für Eure Arbeit!!!!

  2. Naja, man kann ja schon mal versuchen mit dem DKFZ zu reden.

    Man muss sich aber schon darüber im Klaren sein, dass es dieser Organisation nicht um die Gesundheit der Bevölkerung geht, so wenig wie es einem Schutzgelderpresse um den Schutz seiner Opfer geht.

    Aufklärung der Bevölkerung ist grundsätzlich eine gute Sache. Dazu gehört aber auch, dass die Bevölkerung über die Gefahren, die von der Tabakkontrolle ausgehen Bescheid weiß.

  3. Sehr gut geschrieben und argumentiert – im Gegensatz zu dieser außerordentlich schlampig dahingeschmierten sogenannten Stellungnahme, für die sich jeder, der ein Studium abgeschlossen hat, schämen sollte.

    Es scheint doch so zu sein, dass diese Möchte-gern-Stellungnahme keine Verbreitung findet – die Medien finden sie wohl ebenso unsäglich.

    Danke IG-ED!

  4. Wer sich derart – sagen wir schräg – den selbst ernannten Akteuren der Tabakkontrolle und deren widerlicher Hass- und Hetzpropaganda gegen Raucher anschleimt, hat für mich (Raucher UND Dampfer) jede moralische Legitimation verspielt. Insbesondere der letzte Satz ist ebenso faschistoid, wie das bizarre Treiben des WHO-Kollaborationszentrums für Tabakkontrolle daselbst, – dieser “offene Brief” daher abseitig und völlig indiskutabel.

    Jürgen

  5. Sehr gut argumentiert.Besser kann man es nicht schreiben.
    Danke IG-ED!
    Leider ist Frau Dr.Pötschke-Langer,gegen alle positiven Argumente zur E-Zig,resistent.
    Die WHO ist eine Diktatur und sie ist die Vertreterin (Handlangerin)in Deutschland.
    Alles was raucht oder dampft muss weg.
    Dafür macht sie eine Hetzkampagnen gegen das Dampfen.
    Dazu gesellen sich auch noch die Grünen mit
    Frau Barbara Steffens an der Spitze.

  6. Der Brief ist sehr gut und schlüssig verfasst. Richtig geärgert habe ich mich allerdings über “Gern werden wir mit Ihnen zusammen am Ziel einer tabakfreien Welt arbeiten”.
    Will das die IG-ED wirklich? Rauchern Vorschriften machen? Den Nanny Staat befördern? Und das im Zusammenspiel mit einer Organisation deren Machwerke man bestenfalls mit spitzen Fingern anfassen sollte? Hier gilt meiner Meinung nach wirklich: “Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!”

  7. Das Ziel einer tabakfreien Welt ist doch an sich nicht zu verurteilen. Nur die Methoden der WHO dieses Ziel zu verwirklichen sind es. Solange sie durch Aufklärung und nicht durch Zwang daran arbeiten, wird keiner etwas dagegen haben. Ebenso wäre es denkbar, dass die WHO mit den positiven Argumenten (die es ja zur genüge zur Dampfe gibt) argumentiert, und durch diese tabakfreie Alternative ihrem Ziel ein Stück näher kommt.

  8. Das ist eine sehr gute Gegendarstellung zu dem unsäglichen und unwissenschaftlichen Geschreibsel aus dem Hause M.P.L. des DKFZ.

    Danke dafür und macht weiter so.

    Mit besten Grüßen
    Daniel

  9. Ich bin erschüttert, wofür unsere Steuern in Form dieses DKFZ verschleudert werden.
    Offensichtlich ein hübsches Wärmestübchen für, nennen wir sie mal Wissenschaftler, die in der seriösen Forschung nichts beizutragen haben.
    Ich glaube ungern an Verschwörungstheorien, aber das DKFZ muss eine verschleierte Lobbygruppe sein, für was auch immer. Oder warum sollte man sich sonst hergeben, solch wissenschaftlich verbrämten Unsinn herauszugeben, für den sich jeder Student schämen müsste.

  10. Und liebes DKFZ:
    Das Dampfen hat vermutlich mein Leben gerettet. Aber der Tabak hätte mich SICHER getötet.

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