Offener Brief an alle Mitglieder des IMCO-Ausschusses

Am 27.03.2013 veröffentlichte der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des EU-Parlaments den Entwurf einer Stellungnahme [1] zum Revisionsvorschlag der Tabakrichtlinie (TPD2).

Dieser sieht vor, dass die von der Kommission schon sehr niedrig angesetzte Grenze für den freien Handel von nikotinhaltigen Produkten gänzlich gestrichen werden soll. Diese Produkte sollten demnach nur mit entsprechender Zulassung nach der Richtlinie für Arzneimittel 2001/83/EC verkäuflich sein.

Abermals wird versucht, die Antwort auf die Abgrenzungsfrage von Arzneimitteln zu erzwingen, ohne vorhandene Regelungen und Gerichtsurteilen zu beachten [2]. Immerhin sieht die Richtlinie für Arzneimittel vor, dass ein Stoff erst ein Arzneimittel sein kann, nachdem seine Heilmitteleigenschaft nachgewiesen wurde. Nach wie vor fehlt aber jeglicher Beweis, dass eine Nikotinabhängigkeit mit Nikotin geheilt werden kann - sofern man bei Nikotinkonsum ohne Tabak überhaupt von einer Sucht reden kann.

Nun soll eine trügerische Sicherheit durch die Unterordnung unter das Arzneimittelrecht "gewährleistet" werden. Die Kennzeichnung der Gefahrenstoffverordnung ist uns Verbrauchern inzwischen vertraut und am Markt hinreichend etabliert. Diese Kennzeichnung benötigen Arzneimittel aber nicht [3], man will ja hier „Patienten“ nicht mit Totenkopfsymbolen erschrecken. Aber genau diese Symbole bürgen für einen sorgfältigen Umgang mit dem Produkt.

Nikotinersatzprodukte werden im Gegenteil oft in sehr attraktiven Verpackungen verkauft. Die Verwechselungsgefahr mit Süßigkeiten oder Kaugummis aus dem Supermarkt ist nicht zu unterschätzen. Hier weisen wir erneut sowohl auf die Wünsche der Verbraucher wie auch auf die Bemühungen der Händler hin, zumeist einheitliche Verpackungen ohne wesentliche Werbemerkmale am Markt zu positionieren [3].

Allein die Tatsache, dass das E-Liquid (Gemisch lt. CLP-Verordnung) ab einer gewissen Konzentration gefährlich sein kann, rechtfertigt nicht die Einstufung als Arzneimittel.

Laut Amendment 44 ist es notwendig, alle Inhaltsstoffe genau zu kontrollieren. Es wird impliziert, dass diese Kontrolle nur durch eine pharmazeutische Prozedur garantiert werden kann. Kontrollen und Regelungen über Inhaltsstoffe und Herstellungsprozesse lassen sich, wie man anhand der "Lebensmittelverordnungen" und "Richtlinien für kosmetische Produkte" erkennen kann, aber definitiv auch abseits der Apotheke festlegen.

Der Entwurf ist der Stellungnahme des Deutschen Krebsforschungszentrums [4] sehr ähnlich und lässt vermuten, dass hier nikotinhaltige Produkte weiter dem Ziel einer rauchfreien Welt gemäss WHO-Leitbild zum Opfer fallen sollen.

Wir weisen nochmals auf unsere Forderung einer Regulierung von nikotinhaltigen Erzeugnissen als weniger schädlicheres Genussmittel abseits der Maßnahmen der Tabakkontrolle der WHO hin [5].

Nach dieser wohlbegründeten und sachlichen Argumentation erlauben Sie uns bitte, die Meinung der Verbraucher wie folgt zusammenzufassen:

Durch die E-Zigarette ergeben sich großartige Möglichkeiten. Mit wohlwollender Behandlung durch Politik und Institute und dadurch hoffentlich endlich folgender fairer Berichterstattung in den Medien könnten wir anfangen, die Anzahl der circa 600.000 europäischen Toten durch Tabakrauch zu reduzieren!. Wir gehen davon aus, dass Sie mit keinem anderen Instrument so gute Ergebnisse gegen den Lungenkrebs erzielen können wie durch die Förderung der E-Zigarette in Ihrer jetzigen bzw. in einer nur behutsam regulierten Form!

E-Dampfen ist für die Menschen ein Genuss. Es ist deswegen so erfolgreich, weil die Möglichkeiten und die Verfügbarkeit vieler Geschmacksrichtungen jedem Konsumenten die für ihn passende individuelle Konfiguration erlaubt. Wenn es nur noch wenige Einheitsmodelle mit einigen Standard-Geschmackssorten gibt, wird es kaum noch jemand nutzen. Auf diese Art und Weise - quasi als Konkurrenz zum Nikotinpflaster - würde dieses Produkt nicht funktionieren. Die E-Zigarette ist ein Genussmittel. Die E-Zigarette in der Apotheke wird KEIN Erfolg werden und an der Anzahl der Rauch-Toten wird sich nichts ändern.

Dieser offene Brief an die Mitglieder des IMCO-Ausschusses des EU-Parlamentes wird auch auf unserer Webseite veröffentlicht werden.

Mit freundlichem Gruß

Interessengemeinschaft E-Dampfen

[1] DRAFT OPINION of the Committee on the Internal Market and Consumer Protection

[2]
EuGH C-387/99 vom 29. April 2004
EuGH C-495/04 vom 30. März 2006
EuGH C-319/05 vom 15. November 2007
EuGH C-140/07 vom 15. Januar 2009
EuGH C-27/08 vom 30. April 2009

[3] Verordnung (EG) Nr. 1272/2008
Artikel 1 (Seite 8)
(5) Diese Verordnung gilt nicht für die folgenden für den Endverbraucher bestimmten Stoffe und Gemische
in Form von Fertigerzeugnissen:
a) Arzneimittel im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG;

[4] Stellungnahme des Deutschen Krebsforschungszentrums
Stabsstelle Krebsprävention / dem WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle

[5] Petition E-Zigarette in Gefahr Revision der EU-Tabakrichtlinie kommt Verbot gleich

2 Gedanken zu „Offener Brief an alle Mitglieder des IMCO-Ausschusses

  1. Bravo!

    Genau mein Reden! Die beiden Absätze der „Meinung der Verbraucher“: das ist exakt der Ansatz, der weiterverfolgt werden sollte – raus aus der Defensive, rein in die positiv offensive Information, die realistische Abbildungen aufzeigt. Alle Menschen brauchen Bilder, sonst bleibt es abstrakt.

    Täglich 300 Tote in DE – beim Auto hätten wir deshalb schon bundesweite Tempo 30 auf den Autobahnen.

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