Offener Brief an den Landtag Nordrhein-Westfalen

Sehr geehrte Frau Gödecke,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

in der Drucksache 16/125, Gesetz zur Änderung des NiSchG, wird unter Abschnitt A (Seite 13) die elektrische Zigarette als "Rauchgerät" klassifiziert und soll somit unter das bezeichnete Gesetz fallen.
Die Interessengemeinschaft E-Dampfen, IG-ED, kann diese Klassifizierung der elektrischen Zigarette nachvollziehen, soweit es sich dabei um die Tabak verglimmende Variante handelt, da bei dieser tatsächlich schadstoffhaltige Emissionen ausgeatmet werden:

Stellungnahme Nr. 013/2008 des BfR vom 05. Januar 2008
„3.1.1 Emissionen von elektronischen Zigaretten mit Tabakerhitzung
Die durch die elektronischen Zigaretten mit Tabakerhitzung emittierten Formaldehydmengen liegen in der Größenordnung von normalen Zigaretten, z.T. jedoch auch darüber (s.o.). Damit kann eine maßgebliche Belastung der Innenraumluft angenommen werden, sodass nach Ansicht des BfR das Bundesnichtraucherschutzgesetz auf dieses System angewandt werden kann.”

Für die verbreitete Variante der E-Zigarette, die lediglich eine Flüssigkeit erwärmt, ist dort jedoch zu finden:
3.1.2 Emissionen von elektronischen Zigaretten, die Nikotin vernebeln
“Eine maßgebliche Belastung der Innenraumluft mit Schadstoffen wird bei Verwendung dieses System allerdings nicht erwartet.”

Quelle

Und auch das OVG Köln hat im April d. J. festgehalten:
"Ein Verbrennungsvorgang findet dabei nicht statt. Daher entstehen bei dem Gebrauch der E-Zigarette im Vergleich zur normalen Zigarette keine gesundheitsschädlichen Verbrennungsprodukte wie Teer, reizende oder toxische Gase wie Kohlenmonoxid, toxische Schwermetalle oder Nitrosamine."
Quelle

Ab Zeile 165:
"Soweit die Beklagte schließlich Risiken aus der Aufnahme von Q. (PG) ableitet, sind diese bisher nicht hinreichend wissenschaftlich belegt bzw. eher geringfügig. Q. ist in der oralen und dermalen Anwendung unstreitig nicht toxisch. Auch die inhalative Aufnahme in Form von Diskonebel hat bisher nicht zu akuten Beeinträchtigungen bei untersuchten Bühnenarbeitern geführt."

Zeile 170:
"Andere gesundheitsschädliche Stoffe, die in anderen* E-Zigaretten festgestellt wurden, wie krebserzeugende Nitrosamine oder Formaldehyd, sind nach dem vorgelegten Analysenbericht in den streitgegenständlichen Produkten nicht enthalten."
*gemeint ist die Tabak verglimmende Variante

Die herkömmliche verbreitete E-Zigarette fällt also dem OVG Köln zufolge nicht unter die Definition "Rauchen" und dementsprechend auch nicht unter das Nichtraucherschutzgesetz.

Dazu auch das Landratsamt Ansbach:
"Elektronische Zigaretten …  sind in Innenräumen von Gaststätten zulässig, wenn nikotinhaltige Lösungen vernebelt werden, da hier kein Verbrennungsvorgang auf Tabakbasis stattfindet. Dagegen fallen elektronische Zigaretten, die Tabak erhitzen, unter den Verbotskatalog des Gesundheitsschutzgesetzes und dürfen deshalb in Innenräumen von Gaststätten nicht geraucht werden."
Quelle

Wir, die IG-ED - als Verbrauchervertretung der Konsumenten von E-Zigaretten mit Vernebelungsprinzip - fordern Sie dringend auf, in der von Ihnen geplanten Gesetzesänderung nach Funktionsweise der E-Zigaretten zu unterscheiden. Während die E-Zigarette mit Tabakerhitzung unserer Auffassung nach möglicherweise als "Rauchgerät" klassifiziert werden kann, trifft dies für die handelsübliche E-Zigarette mit Vernebelungsprinzip in keiner Weise zu. Weder werden hierbei Pflanzenteile verbrannt noch entsteht Rauch mit den bekannten Emissionen wie Feinstaub oder Kohlenmonoxid.
Eine bloße Namensähnlichkeit kann und darf nicht zu einer Einstufung in eine Produktgruppe führen.
Die Formulierung sollte angesichts der aktuellen Rechtssprechung und im Interesse der Rechtssicherheit dementsprechend differenzierend nachgebessert werden. Nur so wird ein beständiges Nichtraucherschutzgesetz zu erzielen sein.

Mit freundlichen Grüßen,

Roland Schreiber, 2. Vorsitzender
Interessengemeinschaft E-Dampfen (IG-ED)
schreiber@ig-ed.org
www.ig-ed.org
Carl-Benz-Str. 2a
78239 Rielasingen

Anhang:
Ein paralleler Fall sorgte in Bayern für lebhaftes Medienecho:
Der Betreiberin eines Shisha-Cafes wurde das Recht zugesprochen, tabakfreies Shisha-Rauchen anzubieten.

Aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, Beschluss vom 30. November 2010, Az. 9 CE 10.2468:

Orientierungssatz:
„Das Gesundheitsschutzgesetz beschränkt sich ausschließlich auf den Schutz vor Tabakrauch.“


Hauptpunkte:

... Nicht-Anwendbarkeit des Gesundheitsschutzgesetzes auf tabakfreie Stoffe
"Die von der Antragstellerin verwendeten getrockneten Früchte und die aus Mineralien bestehenden Shiazo-Steine unterfallen nämlich auch nicht der  allenfalls in Frage kommenden  Variante des § 3 Abs. 2 Nr. 1 VTabakG, da es sich offensichtlich nicht um „Tabakerzeugnissen ähnliche Waren“ handelt."

Kommentar:
Die Flüssigkeit vernebelnde E-Zigarette ist, da sie noch nicht einmal Rauch aus verbrannten Pflanzenteilen produziert, also ungeachtet ihrer gebräuchlichen Bezeichnung Tabakerzeugnissen noch wesentlich unähnlicher.

"Nach alledem kommt es auch nicht darauf an, ob und ggf. inwieweit gesicherte Forschungsergebnisse im Hinblick auf eine evtl. Schädlichkeit des Passivrauchens der von der Antragstellerin verwendeten, hier in Frage stehenden Produkte vorliegen."

Kommentar:
Zur Diskussion kann also nicht die Unschädlichkeit oder Schädlichkeit der Flüssigkeit vernebelnden E-Zigarette stehen, sondern nur die Tatsache, dass sie keinerlei Rauch, auch keinen Tabakrauch produziert und dementsprechend nicht unter ein Nichtraucherschutzgesetz fallen kann.
Quelle

6 Gedanken zu „Offener Brief an den Landtag Nordrhein-Westfalen

  1. Gut gemacht!
    Bin ja mal gespannt, wie die sich äussern. „Wenn“ die sich überhaupt den Bürgern gegenüber äussern. …

  2. Manchmal frägt man sich schon, ob nur der Bürger sich an Gesetze, Richtlinien und Urteile halten muss……

  3. Danke für diese Ausarbeitung, Danke, liebe IG-ED, für euren unermütlichen Einsatz. Ich wünsche mir, dass dieser zum verdienten Erfolg führen wird.!
    Willkür hat in der Politik nichts verloren. Sie darf, aus welchen Gründen auch immer, nicht die Augen vor Fakten und Wahrheit verschließen! Und das wünsch ich mir nicht nur, das erwarte ich!

  4. In der Politik braucht man schon seit ewig langer zeit keine wissenschaftlich validierten Grundlagen, um Gesetzt (notfalls auch gegen den Bürger) zu beschließen. Wir leben in einer Gesellschaft der „Willkür“, die sich lediglich den Anschein einer demokratischen Republik gibt. Wir, die Bürger haben in vielen Jahren zugelassen, dass diese demokratische Fassade immer dicker und undurchdringlicher wurde. Deutsche sind offenbar bis in die Haarspitzen feige… zu feige jedenfalls, um mit genügend großen Vehemenz gegen Poltik- und Behördenwillkür vorzugehen.

  5. Oh mann, die lassen auch nichts aus um uns zu ärgern. Erst versucht man die E-zigarette als solches zu verbieten, ist gescheitert und aufgrunddessen dann dieses Gesetz? Ich wage zu bezweifeln, das es überhaupt zu der Durchsetzung kommt, wenn man mal bedenkt wieviele Existenzen daran hängen und wieviel Steuergelder dadurch wegfallen …. da kann man sich nur an den Kopf fassen ….

  6. Wir bauchen uns hier nicht aufregen da wir ja wissen das unsere Babsi und ihr Grusel Ministerium ganz bewusst diese Verschleierungstaktik anwendet. Traurig ist nur, dass so viele Leute blind sind und nicht sehen wollen was sich in unserem Land anbahnt.
    Auch das verschärfte „Nichtraucherschutzgesetz“ ist nur Sand in die Augen Geschütte um die waren Ziele dieser Verschärfung zu vertuschen.

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