Die Dosis macht das Gift
Das wusste schon Paracelsus im Mittelalter. Doch diese Erkenntnis scheint heute vergessen, wenn es um das Thema Tabak-Schadensminderung (THR=Tobacco Harm Reduction) geht. Zumindest wenn man jenen Experten zuhört, denen die meisten Politiker und Journalisten bedingungslos vertrauen. Aussagen wie "Es gibt keine sichere Menge von Stoff X" ist eine unwissenschaftliche Halbwahrheit, die unverschämt nahe an einer Lüge ist. Da kann man genauso gut sagen: "Es gibt keinen Ort auf der Erde, wo man vor einem Meteoriteneinschlag sicher ist."
Studien, nach denen im Aerosol des Dampfes weniger als ein Prozent krebserregenden Stoffe in Zigarettenrauch nachgewiesen wurden 1, ignorieren diese "Experten" völlig. Etwas seriösere Experten leugnen zwar nicht deren Existenz, drücken sich aber gerne vor klaren Aussagen zur Risikoreduktion mit Ausflüchten wie "Die Schadstoffmenge lässt sich nicht eins zu eins auf das Krebsrisiko übertragen." Auch das ist nur die halbe Wahrheit.
Die unterschlagene Hälfte der Wahrheit
In der Tat ist die Beziehung zwischen Menge (Dosis) eines Schadstoffes und dem gesundheitlichen Risiko fast immer eine S-Kurve. Es gibt einen Bereich (grün), in dem der Körper mit der Menge eines Schadstoffes problemlos fertig wird und das Risiko nur minimal ansteigt.
Dann kommt der mittlere Bereich, in dem das Risiko mit der Menge zunimmt.
Zum Schluss (rot) wird das Risiko dann fast zu Sicherheit.
Die genaue Form der Kurve und bei welchen Mengen man noch im grünen Bereich ist, hängt natürlich stark von dem jeweiligen Stoff ab.
Vitamine & Co.
Etwas komplizierter wird es mit vielen anderen Stoffen, wie Vitaminen und Spurenelementen, aber auch alltäglichem wie Salz oder Wasser. Hier kann ein Mangel ebenfalls das Gesundheitsrisiko drastisch erhöhen. Wenn die Menge des Stoffes im grünen Bereich ist, dann ist es vielleicht nicht absolut, total, zu 100 % sicher, aber sicher genug.
Ein Beispiel
Dr. Ulrike Helbig-Schuster (Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V.) sagte bei der Expertenanhörung im Finanzausschuss des Bundestags am 07.09.2020: 2
Formaldehyd unterliegt keiner Niedriggrenze, bei der man sagen kann, dass es unterhalb einer bestimmten Menge nicht canerogen ist [...] Formaldehyd ist cancerogen. Das heißt, auch die E-Zigarette enthält immer Formaldehyd und ist damit cancerogen.
Mit dieser unqualifizierten, absoluten Aussage disqualifiziert sich diese Expertin selbst. Sie behauptet effektiv, dass nicht nur Paracelsus Unrecht hat, sondern auch die Analyse des BfR "Toxikologische Bewertung von Formaldehyd" wertlos ist. 3
Fenstersturz
Manche sogenannten "Experten" versuchen das Konzept der Schadensminderung (oder Risikoreduktion) ins Lächerliche zu ziehen mit einer absurden Analogie: "Es ist egal, ob man aus dem 10. Stock springt oder aus dem 5. - tot ist tot."
Und sowas wird von leichtgläubigen Politikern nur zu gerne nachgeplappert.
Mit angemessenen Zahlen versehen, ist dieser Vergleich gar nicht mehr so absurd.
Fazit
Experten sollten den gesamten Stand der Wissenschaft gut verständlich, aber möglichst objektiv und ausführlich genug präsentieren, damit der Gesetzgeber angemessene Entscheidungen treffen kann. Suggestive Formulierungen und Halbwahrheiten zeugen von einer Agenda, die politischen Entscheidungen zu beeinflussen. Egal, ob diese Form des Lobbyismus von Ideologie oder finanziellen Interessen der "Experten" motiviert ist, das ist weder ihre Aufgabe, noch ihr Recht. Politiker haben die volle Verantwortung für ihre Entscheidungen und die Konsequenzen zu tragen. "Aber das haben unsere Experten gesagt!" ist nur eine billige Ausrede. Politiker haben auch die Verantwortung, die Objektivität und Unabhängigkeit der Experten zu überprüfen, auf deren Rat sie sich verlassen.
Die Dosis macht das Gift. Wenn sogenannte Experten dies leugnen oder ignorieren, wobei kann man ihnen überhaupt noch trauen? Sehen sie überhaupt noch den Pfad wissenschaftlicher Tugenden, den sie verlassen haben?
Ein Gedanke zu „Mengen, Risiken, Halbwahrheiten“